Interview mit Chandra Kurt
Chandra Kurt ist eine wahre Weinliebhaberin. Mit ihrer Leidenschaft für edle Tropfen und ihrem umfangreichen Fachwissen hat sie sich als renommierte Wine Consultant, Autorin und Weinexpertin einen Namen gemacht. Ob halbleer oder halbvoll – Chandra Kurt weiss genau, wie man ein gutes Glas Wein geniesst. Wir haben die Schweizer Weinkennerin getroffen und uns von ihrer Expertise begeistern lassen.
Wie sind Sie zur Weinexpertin und -journalistin geworden und was hat Sie dazu motiviert?
Chandra Kurt: Die Weinwelt ist eine faszinierende Welt. Sie ist vielfältig und verführt alle unsere Sinne, den optischen, den geruchlichen und den geschmacklichen. Schreiben ist meine Ur-Passion. Ich habe schon geschrieben, bevor ich Wein überhaupt kannte. In der Universität Zürich für die Studentenzeitung. Das ist inzwischen über 30 Jahre her – so lange dreht sich mein Alltag um Wein
Wie wichtig ist Ihnen eine starke Verbindung zwischen Wein und Kultur?
Chandra Kurt: Wein ist Kultur. Manchmal historisch, manchmal voller Zeitgeist und seiner Zeit voraus.
Sie haben mehr als 20 Bücher über Wein geschrieben und sind Herausgeberin der Fachzeitschrift «Weinseller Journal». Gibt es überhaupt noch Dinge über Wein, die Sie noch nicht kennen?
Chandra Kurt: Natürlich – ich lerne laufend Neues kennen. Das ist auch das Interessante am Wein, dass man nie alles wissen wird – oder anders ausgedrückt wie Aristoteles schon sagte: «Je mehr ich weiss, um so mehr weiss ich, dass ich nicht(s) weiss.»
Wie haben Sie sich in der Weinbranche vernetzt und Beziehungen aufgebaut?
Chandra Kurt: Sehr organisch und international. Via Ausbildungen, Projekten, Konferenzen, Messen und Degustationen.
Was sind die wichtigsten Faktoren, die den Geschmack von Wein beeinflussen?
Chandra Kurt: Die Traubensorte und wie der Wein produziert worden ist. Wurde er im Stahltank ausgebaut oder in der Barrique. Dann spielt auch das Klima eine grosse Rolle – hat es viel oder wenig Sonne und in welcher Höhenlage befinden sich die Reben. Natürlich kann auch der Winzer im Keller beispielsweise je nach Hefen, die er für die Gärung verwendet, einen spezifischen Weingeschmack erzielen.
Dann schmeckt man also förmlich die Natur im Wein?
Chandra Kurt: Sie ist sehr wichtig. Sowohl der Boden, das Klima, die Pflanze und das Öko-System. Beim Besuch der verschiedenen Regionen lernt man verstehen, warum die Weine unterschiedlich schmecken.
Ist die Schweiz eine gute Weingegend?
Chandra Kurt: Und wie! Wir haben sechs Weinregionen mit diversen Landessprachen und Weinkulturen. Im ganzen Land sind Reben anzutreffen – einmal etwas mehr und einmal etwas weniger. Persönlich finde ich es immer ein ganz spezielles Erlebnis, beim Winzer vorbeizugehen und die Weine vor Ort zu entdecken. Wir haben auch eine alpine Weinkultur die einmalig ist.
Und wie unterscheiden sich Schweizer und internationale Weine voneinander?
Chandra Kurt: Wir sind sehr eigenständig und kultivieren zahlreiche autochthone Sorten, die es sonst nirgends hat. Auch ist unser Chasselas einmalig.
Wie haben Sie Ihre Weinexpertise im Laufe der Jahre entwickelt?
Chandra Kurt: Indem ich immer neugierig geblieben bin und mich nicht nur für die klassischen Weine und Weinregionen interessiert habe, sondern auch für neue Themen. Es geht dabei nicht darum, dass mir die Weine gefallen, sondern darum, warum sie produziert werden. Auch besuche ich ständig Weinproduzenten und Weingeschäfte in der ganzen Welt.
Ist die Weinbranche kreativer als früher und gibt es Wein-Aromen, die Sie noch überraschen?
Chandra Kurt: Und wie! Gerade habe ich diverse alkoholfreie Weine verkostet, deren Aromen für mich komplett fremd sind und eine Einordnung gar nicht so einfach ist. Gleiches gilt für die Naturweine.
Wie wird sich die traditionelle Weinkultur Ihrer Meinung nach in Zukunft verändern?
Chandra Kurt: Es wird immer eine traditionelle Weinkultur geben, aber neben ihr entstehen neue Interpretationen – nicht zuletzt auch durch die globale Erwärmung motiviert.
Was ist das nächste grosse Ziel, das Sie in Ihrer Karriere als Weinexpertin erreichen möchten?
Chandra Kurt: Ich würde gerne ein Koch-Weinbuch schreiben und erklären, was ich selber koche und welche Weine dazu passen.
Wein-Tipp
Welche sind Ihre absoluten Lieblingsweine und was machen diese aus?
Chandra Kurt: Bollicine am liebsten Zero dosage, Chasselas non filtré, old fashioned Bordeaux und traditionelle Brunello Weine. Ich liebe die Eleganz im Wein und den unkomplizierten Genuss – auch bei komplexen Weinen.
Und welche Weine passen besonders zu der traditionellen Schweizer Herbstküche?
Chandra Kurt: Wir haben eine reiche und vielfältige Weinkultur, die perfekt zur Herbstküche passt. Sobald es draussen etwas kühler und dunkler wird, mundet es uns nach etwas fülligeren und erdigeren Weinen. Das kann ein Cornalin oder Diolinoir aus dem Wallis sein oder ein kräftiger Merlot aus dem Tessin. Sehr schön auch ein in der Barrique ausgebauter Blauburgunder aus der Bündner Herrschaft.
Was sollte man bezüglich Jahrgang, Terroir, Lagerung für einen guten Wein
beachten?
Chandra Kurt: Ich würde vor allem Rotweine aus klassischen Regionen wie Bordeaux, Burgund, Rioja, Napa Valley oder dem Piemont lagern. Bei der Lagerung ist es wichtig, dass sie in einem dunklen, kühlen Ort lagern, der auch genügend Feuchtigkeit hat.
Welcher ist Ihr persönlicher Lieblingswein (aus dem SPAR) in der Herbstsaison?
Chandra Kurt: Champagne Lacourte-Godbillon, Brut, 1er Cru, Terroirs d’Ecueil.